Der Vorwurf der Beihilfe zur Steuerhinterziehung betrifft nicht nur Haupttäter, sondern auch Personen, die in steuerlich relevante Vorgänge eingebunden sind – etwa Buchhalter, Steuerberater, Geschäftsführer oder Angehörige. In der Praxis sind die Grenzen zwischen alltäglicher Mitwirkung und strafrechtlicher Relevanz oft schwer zu erkennen.
✓ Fundierte rechtliche Bewertung komplexer Beihilfevorwürfe
✓ Frühzeitige Verteidigung zum Schutz der beruflichen Existenz
✓ Strukturierte Abgrenzung zwischen beruflicher Tätigkeit und strafbarer Beihilfe
Rechtliche Ausgangslage
Die Beihilfe zur Steuerhinterziehung ist eine Teilnahmeform der Steuerhinterziehung (§ 370 AO i. V. m. § 27 StGB). Sie setzt voraus:
- eine vorsätzliche rechtswidrige Haupttat (Steuerhinterziehung)
- eine fördernde Handlung des Gehilfen
- sowie sogenannten doppelten Gehilfenvorsatz: Kenntnis von der Haupttat und dem eigenen Förderwillen
Die Abgrenzung zwischen einer straflosen beruflichen Handlung und strafbarer Beihilfe ist rechtlich anspruchsvoll und hängt stark vom Einzelfall ab.
Typische Fallkonstellationen
Unklare Abgrenzung zu Täterschaft
Fehlt die genaue Einordnung der Rolle im Tatgeschehen, besteht die Gefahr, dass Beteiligte als Mittäter statt als Gehilfen qualifiziert werden – mit deutlich erhöhtem Strafrahmen. Eine differenzierte Analyse ist daher unerlässlich.
Fehlender Vorsatz
Viele Handlungen im unternehmerischen und beratenden Alltag erfolgen ohne strafrechtliche Zielrichtung. Der Vorsatznachweis obliegt der Staatsanwaltschaft – und bietet damit einen zentralen Angriffspunkt für die Verteidigung.
Berufliche Tätigkeiten als „neutrale Handlungen“
Insbesondere für Angehörige beratender Berufe stellt sich die Frage, ob ihre Tätigkeit über das zulässige Maß hinausgeht. Nicht jede Mitwirkung an einer steuerlichen Gestaltung erfüllt den Tatbestand der Beihilfe. Die Rechtsprechung verlangt klare Anhaltspunkte für ein deliktisches Wissen oder eine zweckgerichtete Förderung.
Täuschung durch Dritte
Nicht selten werden Beteiligte über die tatsächlichen Hintergründe eines steuerlich relevanten Vorgangs im Unklaren gelassen. In diesen Fällen steht die Verteidigung auf dem Nachweis, dass die Mitwirkung auf unvollständiger oder bewusst manipulierter Informationslage beruhte.
Strafrechtliche und berufsrechtliche Risiken
Neben der Möglichkeit einer Geld- oder Freiheitsstrafe können insbesondere für Berufsangehörige im steuerberatenden Umfeld auch berufsrechtliche Konsequenzen folgen. Dazu zählen:
- Entzug der Berufszulassung
- Ruhen von Aufträgen oder Mandaten
- Eintragungen in berufsrechtliche Register
- Einschränkungen bei Zulassungen nach WPO, StBerG, GwG oder GewO
Die Sicherung der Berufsfähigkeit ist daher regelmäßig ein zentrales Verteidigungsziel.
Unsere Kanzlei verfügt über umfassende Erfahrung bei Vorwürfen der Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Unsere Verteidigungskonzepte basieren auf:
- der Abgrenzung zur Täterschaft
- der präzisen Prüfung des Vorsatzes
- der Nachweisführung über berufstypische Handlungsmuster
- der Sicherung beruflicher Integrität
Ziel unserer Arbeit ist stets: Die Einstellung des Verfahrens oder – sofern nicht möglich – eine möglichst milde Sanktion ohne berufsrechtliche Auswirkungen.
Praxisbeispiel (anonymisiert)
Eine Buchhalterin eines mittelständischen Unternehmens wurde beschuldigt, durch ihre Mitwirkung Steuerhinterziehung im Umfang von rund 400.000 € ermöglicht zu haben. Unsere Analyse ergab, dass sie mehrfach auf Unregelmäßigkeiten hingewiesen hatte, jedoch durch den Geschäftsführer beruhigt und getäuscht wurde. Die Behörde akzeptierte diesen Umstand. Das Verfahren wurde nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Die berufliche Tätigkeit konnte uneingeschränkt fortgeführt werden.
Das Beispiel dient der Veranschaulichung typischer Fallkonstellationen und stellt keine Aussage über andere Verfahren dar.
Strukturiertes Vorgehen bei Beihilfevorwürfen
Erstberatung und Sofortmaßnahmen
Prüfung des behördlichen Vorgehens, Absicherung gegen vorschnelle Aussagen, Beratung zur Kommunikation mit Dritten (z. B. Arbeitgeber, Berufskammer)
Sachverhaltsaufklärung
Prüfung der Mitwirkungshandlungen, Analyse der Dokumentation, Weisungen und Abläufe, Bewertung der Indizien für oder gegen einen Gehilfenvorsatz
Verteidigungsstrategie
Entwicklung einer Einlassungslinie unter Berücksichtigung beruflicher Kontexte, Antrag auf Verfahrenseinstellung (§ 153, § 153a, 170 Abs. 2 StPO), Ggf. Antrag auf Abgrenzung zur leichtfertigen Steuerverkürzung (§ 378 AO)
Berufsrechtliche Begleitung
Koordination mit berufsständischen Kammern, Unterstützung bei Maßnahmen zur Reputationswahrung, Entwicklung präventiver Maßnahmen zur zukünftigen Absicherung
Langfristige Entlastung
Aufbau rechtssicherer Dokumentationsstandards, Schulung und Präventionsberatung für Kanzleien, Buchhaltungsbüros und Mandatsverwaltungen
Rechtliche Graubereiche: Wann wird aus beruflicher Tätigkeit Beihilfe?
Der Bundesgerichtshof betont in ständiger Rechtsprechung, dass nicht jede berufstypische Handlung zur strafbaren Beihilfe wird. Entscheidend ist, ob:
- die Handlung objektiv geeignet war, die Steuerhinterziehung zu fördern
- der Unterstützer dies erkannt hat
- die Tat für ihn „erkennbar allein deliktischen Zwecken diente“
Insbesondere bei routinemäßigen Tätigkeiten wie dem Buchen von Rechnungen, dem Ausstellen von Bescheinigungen oder dem Übermitteln steuerlicher Daten ist die Abgrenzung entscheidend – und verteidigungsfähig.
Fazit
Der Vorwurf der Beihilfe zur Steuerhinterziehung betrifft häufig Personen, die weder bewusst noch vorsätzlich an einer Tat beteiligt waren. Eine sachliche, präzise und strategisch angelegte Verteidigung ist in diesen Fällen entscheidend – insbesondere, wenn die berufliche Existenz auf dem Spiel steht.
Die Kanzlei Wipfler Brackrogge Bertram begleitet Mandanten mit juristischer Expertise, forensischer Gründlichkeit und dem Ziel, Verfahren frühzeitig zu beenden oder mit möglichst geringen Folgen abzuschließen.


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